Anno Domini

Sagen

Die Sage vom Kinderfräulein auf der Burg

Einer der Ritter von Hatzfeld nahm zur Beaufsichtigung seiner Kinder ein Mädchen aus der Stadt auf die Burg. Als er eines Tages mit seiner Frau von einem Ausritt in die Burg zurückkehrte, war das jüngste Kind, das eben gerade laufen konnte, verschwunden. Das Kindermädchen suchte schon ganz verzweifelt. Endlich fanden sie das Kind, das in die Nähe der Ställe gekommen war, von den Schweinen zerrissen auf. Das Mädchen wurde beschuldigt, das Kleine mit Absicht den Schweinen vorgeworfen zu haben, um sich an den Qualen des Kindes zu ergötzen. Es gestand aber nur, es sei nicht wachsam genug gewesen.

Es wurde nun auf die Folter gespannt und gestand unter Qualen endlich alles ein, was man von ihm hören wollte.
Das Urteil lautete: Tod durch das Rad. Ehe es auf das Rad gespannt wurde, beteuerte es noch einmal seine Unschuld und sagte zu den Henkersknechten:

„So wahr ich unschuldig gerädert werde, so wahr soll kein gerechter Richter in Hatzfeld walten. Auf mein Grab soll kein Tau fallen und kein Gras soll dort wachsen.“

Auf einer Wiese im Heisterbach liegt es begraben. Der Spruch ist in Erfüllung gegangen: Auf dem Grab steht ein Strauch. Kein Hälmchen Gras wächst dort und kein Tröpfchen Tau benetzt es.

Der Tanz der Ritterfräulein

Die Leute vom Hain, von der Obereiche und der Obergasse sahen früher öfters die Burgfräulein in lauen Sommernächten auf dem Burgberg tanzen. Wenn sie dann leise den Berg hinauf schlichen und die Jungfrauen beim Tanze beobachten wollten, wurden sie von ihnen mit Steinwürfen den Burgberg hinunter gejagt.

Viele Leute wollen auch gesehen haben, wenn die Jungfrauen an die Eder zum Baden gingen.

Der Schatz unter dem Torbogen

Vor vielen vielen Jahren, als die Mauerreste der Burg noch ziemlich erhalten waren, gingen eines Sonntags einige Hatzfelder Burschen auf dem Burgberg spazieren. Sie hatten schon viele Sagen von der Burg gehört; so auch die Sage von dem Schatz unter dem Torbogen. In Kriegszeiten sollte ein Ritter der Burg seine Schätze dort vergraben haben. Er fiel bei der Verteidigung seines Schlosses. Weil er aber in seinem ganzen Leben ein habgieriger Mensch gewesen sei, müsste er jetzt bis in alle Ewigkeiten den Schatz hüten.

Die Burschen waren voller Übermut und wollten den Torbogen einwerfen, um so vielleicht an den Schatz zu kommen. sie suchten einen Haufen dicker Steine zusammen, die sie mit großer Wucht auf den Torbogen warfen. Auf einmal krachte es: der Torbogen stürzte ein. Sie hörten ein ganz jämmerliches Stöhnen, als wenn ein Mensch unter den Steinen läge, und ein Klirren wie von Silbergeld. Nun bekamen sie es mit der Angst zu tun. Voller Schrecken und kreidebleich liefen sie den Berg hinab und in die Stadt.

Wie die Burg Hatzfeld entstanden ist

Auf der Kesterburg, jetzt Christenberg geheißen, wohnten einst ein König und eine Königin und bei ihnen das Glück und die Zufriedenheit. Ihr größter Schatz war eine liebliche Tochter.
Eines Tages zog ein Feind, der König Grünewald, mit seinen Scharen heran, die Burg zu belagern und zu berennen. Lange Zeit boten die
Verteidiger den Angreifern erfolgreichen Widerstand. Doch verlor der Burgherr von Tag zu Tag mehr Mut, wenn er immer neue Scharen
des Angreifers anrücken sah. Seine Tochter aber tröstete ihn mit den ermutigenden Worten:

„Vor dem Feind braucht Euch nicht zu bangen, solange der Grünewald nicht kommt gegangen.“

Mittlerweile war der Frühling auf den Bergen erschienen, hatte die jungen Grasteppiche mit leuchtenden Blumen besteckt, und die heimgekehrten Waldvögel sangen wie ehedem. Da träumte in der Maiennacht das Königskind, die Feinde hätten das Schloss eingenommen und hausten darin ganz schrecklich mit Feuer und Schwert. Darüber erschrak sie sehr, und als sie am Morgen eine Schar feindlicher Streiter bemerkte, die ihre Helme mit Maiengrün geschmückt hatten, entsank auch ihr der Mut. Schnell lief sie zum Vater und rief:

„Vater, gebt Euch gefangen,der grüne Wald kommt gegangen!“

Da befahl der König, die Verteidigung einzustellen. Die Königstochter fasste sich ein Herz und ging ins Zelt des Grünewald, Gnade zu erbitten für Vater und Mutter. Bezwungen von ihrer Schönheit, versprach er ihr freien Abzug für sie mit allem, was sie tragen, an der Hand führen und auf einen Esel packen könnte. Da belud sie ein Grautier mit ihren kostbarsten Schätzen, nahm den Vater auf die Schultern, die Mutter an die Hand und verließ traurigen Gemütes die Stätte ihres Glückes. Im Tale angelangt, wandten die Vertriebenen noch einmal den Blick: Dort oben stand die Kesterburg in einen roten Flammenmantel gehüllt. Schwarze Rauchwolken wehten gleich riesigen Fahnen über die Berge.
Wohl eine Stunde wanderten sie jenseits des Wettschaftbaches bergan, als das Mädchen sprach:

„Hier wolle mer rasten“

Aus diesen Worten bildete man später den Namen Wollmar. Weiter ging die Wanderung bis zur Höhe, von der man im Strahl der Mittagssonne die Battenburg trutzig herüberglänzen sah.

„Hier müssen wir leise gehen“,

warnte die Jungfrau. Nach diesem Ausspruch wurde das Dorf Laisa genannt. Nun stiegen sie ins Edertal hinab, verfolgten seinen Weg aufwärts und fanden eine geeignete Bergkuppe.

„Hier hat’s Feld“, rief die Tochter erfreut. Drum bauten sie an diesem Ort ein neues Schloss und hießen es Hatzfeld.

Quelle: Manfred Kiesant, Hatzfelder Sagen in: Hatzfelder Hefte 1/2, 1990 und 2/3, 1991

Dies und Das

Der „Hatzfelder Schneitelwald lebt“

Im letzten Jahr begannen Mitglieder des Vereins für Burg- und Heimatgeschichte Hatzfeld e.V. mit der Wiederbelebung eines Hainbuchen-Schneitelwaldes an der Hatzfelder Burg.

Im Sommer zeigten sich auch die ersten Ausschläge, womit Zweifler nicht gerechnet hatten. In den Wintermonaten wurde jeden Samstag dank einer engagierten Rotte von mindestens 5-15 Helfern die Arbeit fortgeführt. Der Arbeitsfortschritt ist schon gut vom Edertal aus erkennbar. Insbesondere durch die Entnahme alter Fichten ist auch die Burgruine jetzt in der vegetationslosen Zeit wieder zu sehen. Der Schneitelwald ist bekanntlich eine historische Waldnutzungsform.
Junge, beblätterte Zweige wurden für Futter- und Streuzwecke abgeschnitten. Der lateinische Name der Hainbuche „Carpinus betulus“ (carpere = rupfen) erinnert noch an den früheren Hauptverwendungszweck. Durch jahrzehntelange Nichtnutzung sind viele Hainbuchen an ihr biologisches Alter gekommen.

Die Holzeinschlagsarbeiten haben den Zweck:

Freistellen der alten Hainbuchen von Bedrängern, d.h. Aushieb nicht standortgerechter Fichten und Kiefern. Dieses Altholz bildet durch Baumhöhlen und viel Totholz ein eigenes Biotop.

Wiederaufnahme des „Schneitels“ bei jungen Hainbuchen und Freistellen dieser Bäume.

Zusätzlich positiver Effekt ist die Freistellung von bisher beschatteten Felspartien, so dass sich die Wärme liebende Fauna und Flora wieder entwickeln kann.

Die Hain- oder Weißbuche bzw. Hagebuche (mittelhochdeutsch: „hagen“ = begrenzter Wald, Einfriedung) wird maximal 25 m hoch und rund 150 Jahre alt. In der Jugend raschwüchsiger, aber lichtbedürftiger als Buche. Abschluss des Höhenwachstums mit 80 bis 90 Jahren. Obere Verbreitungsgrenze im Mittelgebirge 400 bis 530 m (Alpen 1100 m).

Vorkommen im Auwald und Eichen-Hainbuchenwald (Unterbau zur Beschattung der Stämme gegen Wasserreiserbildung). Blühzeit Mai/Juni, Samenreife Oktober, Samenabfall den ganzen Winter. Zumeist liegt der Samen über, d.h. er keimt erst im 2. Frühjahr nach der Reife. Laub verwest außerordentlich rasch (enges C:N-Verhältnis).

Der Baum hat ein hohes Stockausschlagvermögen und liefert neben der Elsbeere das schwerste Holz aller einheimischen Baumarten. Durch die Nieder- und Mittelwaldwirtschaft weite Verbreitung, weil weniger stockausschlagfähige Buche zurückgedrängt wird. Es ist dichtfaserig, zäh, elastisch, welliger Faserverlauf (Spannrückigkeit). Wegen Härte schwer bearbeitbar, gut glätt- und schleifbar.

Verwendung: Hobel, Holzhämmer, Schuhleisten, landwirtschaftliche Geräte.
Früher laut „Kreutterbuch Hieronymus Bock 1539“ auch Schrauben, Fackeln, Mühlräder, Spindeln, Späne (die trüben Wein lauter machen).